Datum: 04.06.2012
Autor: Karl K.
Nexstar SE2 modifizieren
Jedes Mal das Selbe! Da findet man endlich die Montierung, die auch wirklich reisetauglich ist, die ohne in drei oder noch mehr Teile zu zerlegen auch in den Kleinwagen passt, dann stellt man fest, dass das Ding ein totaler Wackeldackel ist.
Die Nexstar ist ja eine sehr handliche Montierung. Aber von der Stabilität her ist sie wirklich sehr grenzwertig. Dass der Hersteller diese Montierung zusammen mit einem C8 anbietet ist beinahe schon sittenwidrig. Ich hatte allerdings auf dieser Konstellation bestanden. Meinem Händler muss ich zu gute halten, dass er mir diese Kombination nur nach heftiger Gegenwehr lieferte. Teleskop-Spezialisten.de ist sehr auf Qualität bedacht. Hier nochmals ausdrücklich meinen Dank an Herrn Kloß für die Geduld, die er für mich aufbrachte.
Nun, jeder erfahrenen Spechtler würde sagen, C8 und Nexstar, das geht nicht. Stimmt! Im Originalzustand habe ich es ausprobiert. Bis zu 9 Sekunden Nachschwingdauer. Da musste man beim Beobachten die Luft anhalten. Ich musste da eine Lösung finden, oder mein schönes C8 zurückgeben.
Nach etwas Basteln kann ich sagen: ES GEHT DOCH!!!
Erstmal habe ich alle Kunststoffverkleidungen abgemacht und geschaut woran das liegt. Der Aufbau ist ja nicht schlecht. Schlecht ist da nur die Chinesische Bauart. Da wird gespart, egal was es kostet. Das Problem war schnell gefunden. Das Gehäuse des Tragearms ist aus Aluminium, selbsttragend und mit einer großen Aussparung für die Tastatur versehen, gerade an der Stelle, an der die größten Torsionskräfte auftreten. Man hat das sehr gut bemerkt wenn man das Teleskop in waagrechter Ausrichtung einen Stoß in der Horizontalen gegeben hat. Hier schaukelte es sich regelrecht auf und verfiel in eine Art Resonanzschwingung, es wollte nicht mehr aufhören zu wackeln. Da fehlt einfach Material an den Seitenwänden.
Hier erkennt man die Aussparung. In der Mitte des Armes bleibt nur ein dünner Blechstreifen ohne Diagonalverstrebungen stehen. So etwas hält natürlich keine 6 Kilo Teleskop sicher fest.
Nach etlichen Versuchen habe ich einen Weg gefunden, eine Verstärkung einzubauen, die zumindest beinahe unter die Kunststoffverkleidung passt.
Hier sind die Stabilisierungsteile im Einzelnen. Die Alu-Profilschiene hatte ich noch von anderen Bastelarbeiten übrig. Die schraube ich an die Verschra-ubung der Versteifungsplatte. Der Akku am unteren Ende wirkt schon mal als Gegengewicht (er liegt nicht auf dem Boden auf, er hängt frei). Unter die Stativfüße kommen die Vibrationsdämpfer. Diese gibt es im gut sortierten Baumarkt für ca. fünf Euro für vier Stück. Sie sind eigentlich für Waschmaschinen gedacht, leisten aber auch hier sehr gute Dienste.
Die Eigentliche Verstärkung besteht aus zwei 8mm Alu-Röhren und der Verschraubung zum Spannen. Ich habe hier zwei Sätze, eigentlich nur aus Spaß und weil ich das Material noch hatte. Ein Satz reicht vollkommen aus. Das Wichtigste ist: Wenn man es richtig macht, lässt sich alles auch wieder entfernen, z. B. Wenn das Gerät wegen eines Garantiefalles zurück geschickt werden muss.
Das Auseinandernehmen geht sehr einfach. Alle Kunststoffverkleidungen sind mit 3mm-Gewindeschrauben befestigt.
Auf der Seite der Handsteuerung ist die Zentralmutter unter einer kleinen Abdeckung versteckt.
Keine Angst, da fällt nichts auseinander, nur muss man auf das Fett aufpassen, wenn man nach dem Lösen der Zentralmutter das Antriebsrad abzieht. Da sollte man schon mal etwas bereitlegen, um das fettige Ding ablegen zu können.
Die Achse sitzt ziemlich fest. Ich habe mit dem Hammerstiel leicht auf den Bolzen geklopft, das hat gereicht um sie herauszudrücken.
Jetzt wird die Trägerplattform abgeschraubt. Hier stellt sich der nächste China-Pfusch heraus:
Die Plattform ist mit drei Schrauben M6mm befestigt, aber wie!!! Gerade mal fünf Millimeter Gewinde greifen in das Aluminium des Gehäußes. Ein klein Wenig zu fest angezogen und das Gewinde dreht durch. Also hier unbedingt die beiden unteren Schrauben gegen Inbus M6 x 16m auswechseln. Die obere ist eine andere Bauform mit flachem Kopf. Da passt keine Standartschraube. Ist auch nicht ganz so schlimm, da dies eine Schlitzschraube ist, die sowieso nicht so fest angezogen wird. Auch hier wieder Vorsicht, alles ist fettig!
Auf der Rückseite der Plattform muss dann noch die Kunststoffschale abgeschraubt werden. Die wird dann nicht mehr benötigt. Gut aufgeben für den Garantiefall!
Jetzt geht es ans Einbauen:
Erst mal wieder die Plattform, jetzt ohne die Kunststoffschale wieder einbauen und mit den neuen, längeren Schrauben befestigen. Vorsicht, Aluminiumgewinde! Nicht zu fest anziehen!
Um der Versteifung etwas Halt beim Montieren zu geben habe ich die Schrauben auf einem 82mm langen und 15mm breiten Alu-Plättchen befestigt.
Im Hintergrund erkennt man die bereits eingebaute, zusätzliche Versteifung. Wie gesagt, die ist eigentlich nicht nötig. Sie hat auch keine spürbare Verbesserung gebracht. Na ja, jetzt ist se halt drin!
Jetzt kommen die Alu-Röhrchen auf die Schrauben. Oben werden sie auf die beiden Rundungen der Plattform gestützt. Dafür habe ich die Enden extra etwas hohl gefeilt. Geht bei Alu ganz schnell. Unten wird das Aluplättchen so weit wie möglich nach hinten geschoben. Dadurch bildet sich bei dem Ganzen ein Kräftedreieck, das Stabilität verleiht, außerdem passt dann die Kunststoffverkleidung wieder ganz drauf.
So werden die Stäbe mit den Muttern fest nach oben gegen die Plattform geschraubt. Das ist ein wenig Gefummel, weil die Stäbe oben gerne wegrutschen. Natürlich soll man das Anziehen der Muttern nicht übertreiben. Immer daran denken, das alles besteht aus Aluminium. Lieber später noch mal nachziehen, wenn sich alles gesetzt hat.
Wenn man mit dem Schraubenschlüssel gegen die Stäbe klopft, hört man am klang, wenn die Vorrichtung richtig vorgespannt ist.
So sitzen die Stäbe richtig an der Plattform, rechts das Ganze von der Rückseite.
Jetzt geht es wieder ans Zusammenbauen.
Die Zentralmutter nur so fest anziehe, dass der Kopf sich zwar schwer, aber noch drehen lässt.
Achtung! Im Fach für die Handsteuerung fehlt jetzt die Verkleidung. Dadurch liegen Motor und Kabel frei. Damit hier nichts hinein fällt und womöglich einen Kurzschluss verursacht, habe ich dort ein Stück des Verpackungsschaumstoffs zurechtgeschnitten und hinein gedrückt. Sieht nicht schön aus, erfüllt aber den Zweck. Vielleicht fällt mir ja noch was Eleganteres ein. Meine jetzige Lösung war mir auf jeden Fall kein Bild wert.
Ach ja, äußerlich habe ich auch noch was verändert. Ein paar Streifen Klettband an der Montierung und die Gegenstücke auf die Rückseite der Handsteuerung geklebt. Damit kann man die Handsteuerung beim Spechteln dort positionieren, wo man sie auch gut erreicht und auch das Display gut einsehen kann.
In Arbeitsstellung sieht das dann so aus:
Tja und das ist dann die komplette Ausrüstung:
Nexstar SE2, C8 mit Telrad, 6x30 Sucher, 2Umlenkspiegel und 2 38mm Okular.
Auf die Versteifungsplatte habe ich einen 26cm Boden einer Kuchenspringform gelegt. Darunter hängt der 12 Akku als Gegengewicht und Schwingungsdämpfer.
Wer hätte das gedacht? Eine Nexstar SE8 bei 50% ausgezogenem Stativ und einer Ausschwingzeit von einer halben Sekunde!!!
Das nenne ich jetzt ein Reiseteleskop. Wenn die Okulare in einem Koffer mit Tragegurt stecken, ist diese Ausrüstung in einem Transportgang fortzubewegen. Und am Standort hat man einen 20cm-Spiegel auf einer stabilen Montierung.
Da bleibt nur noch ein Wunsch offen:
Klare Nächte!