Erfahrung und Vergleich: TS-Apo 72/432, 102/714 und 130/910, TeleVue DeLites

Erfahrung und Vergleich: TS-Apo 72/432, 102/714 und 130/910, TeleVue DeLites
Für eine größere Ansicht klicken Sie auf das Vorschaubild
0,00 EUR
exkl. MwSt. zzgl. Versandkosten
In den Warenkorb



  • Details

Produktbeschreibung

Erfahrung und Vergleich: TS-Apo 72/432, 102/714 und 130/910, TeleVue DeLites  



Sehr geehrter Herr Kloß,
 
da das Wetter aus astronomischer Sicht ja eher zu Betrübnis als zu Beobachungen Anlaß gibt, hier einfach ein paar Novembergrüße und ein paar ungeordnete Schnipsel von den Eindrücken der wenigen astronomischen Erlebnisse des letzten halben Jahres. Taugt vielleicht für Sie als etwas Lesestoff, sollten Sie irgendwann einmal Langeweile haben...
 
---
 
Im Spätsommer habe ich es tatsächlich einmal geschafft, zum BTM zu fahren. Zwar nur eine Nacht, aber immerhin. Mitfahren durften der kleine TS-Apo 72/432 auf seiner Selbstbaueinarmgabel und der TS-Apo 130/910 auf der Selbstbaumontierung. Die Aluminiumteile der Montierung glänzten aufreizend in der Sonne und lockten einige Schaulustige an. Und der Blick einiger wohl Kundiger fiel dann auch auf den großen Refraktor und da kamen dann die einen oder anderen Bemerkungen zu China-Optiken, aber nach genauerem An- und Durchsehen bewarfen die Herren den Fünfzöller zumindest nicht mit Dreck, als sie Jupiter mit dem Morpheus 4,5 beguckten.
 
Und der war ja schließlich auch ein schöner Anblick. Jupiter stand ja ziemlich tief und die Luft war zwar ruhig, aber eher naß als feucht, dennoch erfreute er an dem Abend durch die Sichtbarkeit des GRF, den andeutungsweise erahnbaren Wirbeln im Schlepp des GRF, einem ganz klar und scharf abgebildeten doppelten SEB, einem wuscheligen NEB, einer leicht strukturierten äquatorialen Zone und vielen dünnen Wolkenbändern. Die Farbkontraste erschienen mir aber etwas flau, es bewegte sich alles zwischen "cremeweiß", "karamell" und "ocker", einzig den GRF konnte ich als "terrakotta" durchgehen lassen. Recht dekorativ wanderte der scharf abgebildete Schatten eines Jupitermondes im NEB herum und auch das "Ablösen" des Mondes vom Jupiterrand war sehr schön zu beobachten.
 
Weiter weg stand ein ausgewachsener Takahashi. So konnte ich zwar nicht direkt und gründlich vergleichen, aber immerhin einen kurzen Blick auf Jupiter erhaschen und sah zumindest keinen dramatischen Unterschied zu meinem Chinesen. Das Bild im Tak wirkte auf mich beim kurzen Blick aber deutlich wärmer, fast etwas künstlich-rotstichig, warum auch immer.
 
Jedenfalls war der Abend ein gelungener Planetensaison-Abschluß, so schön und detailreich hatte ich Jupiter und Saturn von meinem Balkon dieses Jahr noch nie. Der Apo hat mal wieder gezeigt, daß er was kann, ich bin noch immer sehr zufrieden. Der Fünfzöller bekommt leider nur viel zu wenig Gelegenheit.
 
Etwas später mußte dann noch der kleine 72er ran und einem sehr interessierten Herrn die ganzen Gasnebel-Highlights zeigen. Und bei den horizontnahen Nebeln im Schützen konnte man auch sehr schön den Unterschied zwischen einem Astronomik-OIII und dem Baader-OIII-Filter untersuchen. In der Ganz-Kurzfassung: ich finde, der Kontrast ist mit dem Baader sehr viel höher, aber einige schwache Details verschwinden. Man braucht also beide Filter.
 
---
 
Zum TS-Apo 102/714 steht der ausführlichere Bericht ja leider noch immer aus. Mangels brauchbarer Nächte habe ich den Refraktor aber noch immer nicht nachts auf den Acker ausführen können. Der durfte bisher fast nur auf den Balkon und sich an Sonne, Mond und Planeten versuchen. Deshalb muß ich Sie wegen eines Berichtes weiter vertrösten.
 
Eine Anmerkung aber zu den schon einmal berichteten Reflexen im Tubus:
ich bin mir mittlerweile recht sicher, daß diese nicht (wie zuerst vermutet) von dem Vorschraubring der Linsenfassung herrühren, sondern von den "Halteringen" der Tubusblenden, die zwar schwarz, aber leider glänzend schwarz sind. Sollte eines Tages das Objektiv mal raus und in die Wäsche müssen ;-) , so könnte man bei der Gelegenheit mal den Pinsel schwingen. Bis dahin bleibt alles, wie es ist.
 
Denn beruhigend ist: bei meinen Planeten- und Sonnenbeobachtungsversuchen ist mir nichts Böses aufgefallen. Und die Reflexe beim Betrachten des Mondrandes mit dem Morpheus 4,5 sind mir beim Gebrauch der TeleVue Delite 3 und 4 nicht mehr aufgefallen. Das Morpheus 4,5 habe ich nicht verstoßen, natürlich nicht. Das hat aber aus meiner Sicht seine Stärke und nun bei mir sein Einsatzgebiet bei Planeten mit allen Teleskopen und bei Deep-Sky mit dem 10"-Newton, aber nicht am Mond, wo es mir bei der hohen Bildhelligkeit und der kleinen Augenpupille im Einblick mittlerweile auch etwas unbequem nervös ist.
 
Den Vierzöller kann ich nun für schnell-zwischendurch auf einer gebrauchten Vixen GP-E aufgesattelt lassen und den ganzen Aufbau komplett auf den Balkon bugsieren. Visuell nach meinem Geschmack noch gut brauchbar, zum Planetenfilmen mit rund 2 m Brennweite ist mir der Aufbau aber zu labberig. Auf der Selbstbaumontierung ist das unvergleichlich viel steifer, dafür aber nicht mehr im Ganzen verrückbar, schon gar nicht durch die Balkontür.
 
Die Optik des Vierzöllers finde ich sehr, sehr nett. Störende Farbe erkenne ich noch immer nicht. Die im Sterntest auf ängstliche Gemüter wie mich beunruhigend wirkenden unterschiedlichen intra- und extrafokalen Beugungsscheibchen (sphärische Aberration?) kann ich in einer Unschärfe oder in mangelndem Kontrast im Bild nicht wiederfinden.
Die Mechanik und die Verarbeitung des Teleskops mag ich auch und habe auch daran noch immer nichts zu meckern. Und ich mag den OAZ. Auch, weil alle meine Refraktoren das gleiche M 63-Anschlußgewinde besitzen und ich so den Fotoadapter je nach Gegebenheit von Teleskop zu Teleskop wechseln kann.
 
Zugegeben, so eine Refraktorsammlung ist ein wenig versnobt, aber dafür habe ich ja auch nur ein altes, verbeultes Auto.
 
---
 
Jedenfalls ist die Optiksammlung nun recht flexibel einsetzbar. So versuchte ich mich dann neulich damit auf "meinem Planetenhügel" am Merkurtransit. Den 102/714 mit Foliensonnenfilter für die Beobachtung und auf diesem huckepack der 72/432 mit Fotorüssel, der Hyperion-Barlowlinse, der ASI178MM und einem noch in letzter Minute fertiggestellten Foto-Folienfilter für die Dokumentation. Alles auf der Selbstbaumontierung und dem Vermessungsstativ. Ein für meinen Geschmack recht eindrucksvoller, aber dennoch stabiler Aufbau. Und für immerhin etwa 5 Minuten Beobachtung hat der Himmel auch ausgereicht...
 
Nur wirft die Refraktorsammlung Fragen auf: klemme ich den Folienfilter auf den 72er oder den 102er und beobachte die Sonne, dann fokussiere ich einfach auf die schwach, aber deutlich erkennbare Granulation. Und begreife nicht recht, was daran - wie so oft in Foren zu lesen ist - schwierig oder herausfordernd sein soll.
Die einzige Erklärung, die ich habe: die Optiken sind brauchbar und ich gucke sorgfältig genug. Und mit dieser Erklärung kann ich gut leben...
 
---
 
Und zum Abschluß noch ein paar Bemerkungen zu den TeleVue DeLites...
 
Das 4 mm kam ja gegen Ende der Planetensaison in meinen Okularkoffer. Das hat dann sehr schnell einen fixen Adapter auf 2" übergestülpt bekommen (ich hasse diese seltsamen 2" auf 1,25"-Reduzierstücke, die in der zu großen 1,25"-Bohrung mit der einen Klemmschraube das Okular irgendwohin drücken. Und ich liebe deshalb meinen Baader Clicklock-Zenitspiegel und etwas weniger auch den von APM (weil der kein für meine 2"-Filter passendes Filtergewinde hat)).
 
Jedenfalls macht das 4er mir einfach nur Spaß. Dem kleinen 72/432 auch, obwohl der wegen des Okulars noch nie so viel arbeiten mußte, wie im Spätsommer. Der Kleine stand die ganze Zeit einsatzbereit montiert im Wohnzimmer und wurde bei nahezu jeder Wolkenlücke auf den Balkon verschleppt (Aufbauzeit etwa 20 Sekunden) und mußte sich dann immer wieder Jupiter und Saturn ansehen. Der kleine 72er kann die 0,66 mm AP sehr gut ab. Und der hat sich beeindruckend gut gemacht: verschiedenste verschiedenfarbige Wolkenbänder und auch (allerdings nicht wirklich detaillierte) blaugraue Girlanden an Jupiter, unterschiedlich gefärbte Zonen und eine fast umlaufende, scharfe Cassini-Teilung und ein scharfer Planetenschatten auf den Ringen an Saturn. Jedenfalls kann man mit einem brauchbaren 72er auch Planeten gucken, auch wenn ein größeres Teleskop natürlich mehr zeigt.
 
Das 4er Okular finde ich an den drei Refraktoren großartig, am Newton habe ich es noch nicht probiert. Das Gesichtsfeld reicht mir für Mond und Planeten aus, auch wenn ich von den Morpheus etwas verwöhnt bin. Das Einblickverhalten finde ich auch mit Brille (Hornhautverkrümmung... :-( ohne Brille kriege ich die letzte Schärfe nicht hin, habe ich mehrfach probiert...) hervorragend und absolut bequem und unproblematisch, für mich zwingend für konzentriertes Beobachten und Erkennen feinster Details. An Schärfe, Kontrast, "Zeichnung der Farben" und Reflex- und Streulichtarmut kann ich mir mit meiner derzeitigen Beobachtungserfahrung nichts Besseres vorstellen. Interessanterweise können aus meiner Sicht aber die in den deutschen Astro-Foren ja eher wenig behandelten Morpheus hinsichtlich Schärfe und Kontrast problemlos mithalten, die Morpheus ordne ich für mich in die gleiche Qualitätskategorie wie die DeLites ein. Allerdings wirkt für mich zumindest Jupiter im Morpheus 4,5 deutlich wärmer im Farbton als im DeLite 4 mm.
 
Das neue DeLite 3 mm habe ich neulich im direkten Vergleich mit dem 4 mm am gut ausgekühlten 102/714 ein paar Stündchen am fast vollen Mond ausprobiert. In Ruhe, im Sitzen. Das 3er ist für meine Augen vom Einblickkomfort, von Kontrast, Farb-/Grautonzeichnung und Reflex- und Streulichtarmut genauso hübsch wie das 4er (auch am Mondrand, trotz der oben beschriebenen Reflexproblematik des 102/714). Die Schärfe konnte ich bei der Übervergrößerung kaum beurteilen, denn natürlich ist die AP von 0,43 mm absolut grenzwertig oder auch schon mehr als das (das war mir aber schon vor dem Kauf völlig klar) und ich konnte die oft beschriebenen Effekte wie Floater sehr schön studieren. Angeleuchtete Kraterränder am Terminator wirkten aber knackig, drumherum war's duster. Wie es sein soll. Das Mondbeobachten war mit dem 4er am Vierzöller einfach nur ein Genuß, mit dem 3er aber eher anstrengende Seh-ARBEIT.
Nicht wegen des Einblickverhaltens (das empfinde ich ja als genauso unproblematisch wie beim 4er), sondern um mit Auge und Hirn die nun leichter erkennbaren Details von den Beugungserscheinungen, der Luftunruhe und dem herumwuselnden Dreck auf dem Auge "wegzurechnen" (ich kann das nicht besser beschreiben). Dafür wurde ich aber damit belohnt, am Mond die fitzeligsten Details doch noch deutlicher erkennen (aber nicht genießen) zu können. So waren beispielsweise für meine Äuglein im 4er an einem Kraterrand irgendwelche punktförmigen Details bequem und scharf sichtbar, die sich im 3er als winzigste Kraterchen herausarbeiten (also durch intensives Gucken identifizieren) ließen. Beim Wechsel zurück auf das 4er waren diese Details wieder nur als Punkt sichtbar, aber eindeutig nicht mehr als Kraterchen.
 
Aber ich finde: das 3er ist neben dem 4er an f/7 zweifelsfrei ein Zusatzluxus und nicht zwingend überlebenswichtig. Ist vielleicht vom Erkenntnisgewinn so wie die Kirsche auf den Schokostreuseln auf dem Sahnehäubchen auf dem Eisbecher. Aber gut, das für besondere Anlässe zu haben (dafür wollte ich es ja), ich geb's auch nicht wieder her. Mars kann kommen!
 
Am 102/714 hat sich an dem Abend aber überraschend tapfer das schon vor längerer Zeit mit einem selbstgedrechselten 20 mm-Tuningring auf etwa 3,6 mm verkürzte 5 mm Hyperion geschlagen. Das hatte ich ja vor einiger Zeit schon mal probiert und etwas mißmutig wieder weggelegt (ich hatte es damals am 10" f/4,7 und am 72er f/6 probiert, ich schrieb ja schon mal davon). Vielleicht kommt das Hyperion mit den stumpfen Strahlenkegeln nicht gut zurecht, ich weiß nicht. Aber am 102/714 fand ich es zumindest brauchbar, eher noch besser. Kontrast und Streulichtarmut empfand ich als gut, auch die Farb- oder Grauabstufungen der Mondoberfläche waren für meinen Geschmack sehr ordentlich. An die Schärfe des DeLite 4 mm und die "im-Hirn-berechnete Schärfe" des DeLite 3 mm kam das bezwischenringte Hyperion nach meinem Empfinden aber nicht heran. Kostet ja aber auch nur rund halb so viel und muß sich dann auch noch um ein größeres Gesichtsfeld kümmern.
 
Und: Farbreinheit und Apo und FPL53, hin oder her - zur Lichtdämpfung auch bei einer AP von nur 0,43 mm brauchte ich bei dieser Sitzung zum entspannten Gucken einen Filter. Und auch hier zeigte sich eine kleine Überraschung: der 2" Baader OD 0,9 half und war gut. Deutlich schärfer und knackiger und viel besser fand ich das Bild aber mit dem alten Baader 2" 500 nm-Grünfilter, den ich einmal aus Ihrer "Flohmarkt-Ecke" ergattert habe. Ob es nun die Verringerung irgendwelcher Rest-Farbfehler war oder ein Hauch der Seeingberuhigung durch Einengung des Lichtspektrums - egal, es half. Deutlich. Der Mond wirkte zwar etwas ungesund, aber zum Studieren der Details war es gut. Und der Baader-Filter filterte, mehr nicht (anders als die preisgünstigen Farbfilter, die ich mal ausprobiert habe und die, weil wohl an der Oberfläche nicht auspoliert, auch noch einen hübschen Streulicht-Halo um Jupiter zauberten...).
 
 
Damit soll es dann erst einmal genug sein. Ich melde mich wieder, sobald ich berichtenswerten Nachschub an Erkenntnissen habe. Ich wünsche Ihnen eine schöne Vorweihnachtszeit!
 
 
Viele Grüße von
 
 
M. S.
 
Übersicht   |   Artikel 276 von 666 in dieser Kategorie« Erster   |  « vorheriger   |  nächster »   |  Letzter »
Schnellkauf

Bitte geben Sie die Artikelnummer aus unserem Katalog ein.

Willkommen zurück!
Hersteller