Sehr geehrter Herr Kloß,
nun ist das Teleskop schon fast 2 Wochen angekommen und doch waren die Wetterbedingungen so ungünstig, dass ich erst gestern dazu gekommen bin, es bei Nacht zu testen.
Folgende Punkte:
1. Angekommen ohne Transportschaden mit allen bestellten Teilen.
2. Mechanik/Montierung
Die kleine und rel. leichte Montierung ist schon erstaunlich stabil
und bei geringer Vergrößerung sehr angenehm.
Leider funktioniert der Feintrieb für die vertikale Ebene nicht
richtig. Manchmal versagt er einfach so seinen Dienst (obwohl nicht
"überdreht" und obwohl sich die Schnecke bewegt) - je weiter in
Zenitnähe man beobachtet, desto whrscheinlicher ein Ausfall. Im Zenit
funktionieert er nie. Obwohl ich alle Schrauben geprüft habe finde
ich nicht heraus, an was es liegt. Haben Sie eine Idee ?
Beim Schwenk nach "oben" hat die Montierung deutlich Spiel, bleibt
aber dafür in jeder Position stehen (das ist am wichtigsten!).
Der von Ihnen eingestellte OAZ funktioniert tadellos.
Nachtrag:
Das Problem mit dem Feintrieb hat sich soweit gelöst, da ich nicht wusste, dass die kürzere Schraube zur manuellen Grobverstellung immer angezogen("zu") sein muss, damit der Feintrieb in dieser Achse funktioniert. Was die Anzahl
von Sternen angeht, so konnte ich 1 Tag nach meinem Bericht in der wohl besten Sommernacht des Jahres so viele Sterne im Okular sehen, dass ich Schwierigkeiten hatte z.B. die Raute in Lyra überhaupt wiederzuerkennen...Sternvielfalt wie auf den Tirion-Karten - werde mir wohl doch (wieder) einen Karkoschka zulegen müssen.
3. Optik
Da ich nicht so viel Erfahrung habe, oder vergleichend urteilen kann,
betone ich, dass ich nur meinen subjektiven Eindruck schildere, also
wenig "fachmännisch":
Da ich bei verschiedenen Newtons immer den Eindruck hatte, es schwebt
irgendein verschwommener Schatten der Spinne+Fangspiegel im Okular und
ich die Abbildung daher als "unruhig" und in Bewegung empfand, ist
diese mit dem Refraktor nun sehr ruhig und angenehm.
Der Farbfehler ist am Tage schon bei 17-facher Vergrößerung zu sehen
und an manchen Objekten, wie z.B. grünen Papel - Blättern in seitlichem
Gegenlicht der Sonne fast schon schockierend (Blätter sind komplett
violett). An dunklen Objekten hingegen kann man auch mal mit 100-fach
beobachten, ohne dass es zu bunt wird, 50-fach ist aber besser. Ich
war z.B. erstaunt, wie gestochen scharf die Zweige und Nadeln einer
ca. 75m entfernten Fichte abgebildet werden - sogar Fluginsekten
zwischen den Zweigen waren zu sehen ! Auch ein Antennenmast in ca. 200m
zeigte (trotz Farbfehler) so viele Einzelheiten und so scharf, dass
ich nie vermutet hätte, dass das kleine Teleskop das kann. Vor allem an
Stellen, wo der Farbfehler nicht oder nur wenig auftritt, hat man hier
schon für wenig Geld einen Wahnsinns-Gewinn an Wahrnehmung.
In der Nacht zeigte sich das ganze Sternbild Lyra im Okular (32mm 2"),
leuchtend und schön. Saturn in Horizontnähe
grau mit deutlich abgegrenztem Ring (100-fach), ohne Cassini - Teilung
- na ja, ist ja auch nicht gerade die beste Zeit für Saturn im Moment.
M13 habe ich als blasses Fleckchen gefunden, sieht etwa aus wie M42
mit bloßem Auge (die Helligkeit, nicht die Form nat.).
Nordamerika- und Pelikannebel konnte ich
nicht finden (hatte ich auch nicht erwartet) - möglicherweise unter
sehr dunklem Himmel machbar.
Erstaunlich unspektakulär und mit Schwierigkeiten konnte ich Bootes
und die Corona B. beobachten - hatte ich mir ganz anders vorgestellt.
Umso schöner die Region im und um das Sommerdreieck: Das Sternbild
Sagitta habe ich mit bloßem Auge noch nie identifiziert - im Teleskop
dagegen sieht es aus wie selbstverständlich und leuchtet auch recht
schmuck - sehr schönes Objekt für dieses Teleskop.
4. Mobilität
Das Teleskop lässt sich einfach zusammengebaut auf den Arm nehmen, in
den Hof tragen - hinstellen, fertig. Geil.
Auto - kein Problem.
Flugzeug:
Obwohl der Tubus zwar ins Handgepäck passt, muss man sich fragen, ob
man wirklich schon so viel Platz und Gewicht für Tubus und 2"-Set(!)
opfern will, dass die SLR-Kamera wohl zuhause bleiben muss.
Auch für das Stativ braucht es einen Monsterkoffer.
Fazit: Unentschlossen wie immer, weiß ich nicht, ob das alles optimal ist.
Nehme ich das Teil nicht im Flugzeug mit, dann hätte ich alles
falsch gemacht, weil dann das 120/600 noch viel mehr "Kick" wg.
der größeren Öffnung hat. Zumal ich auch gerade bei Ebay versuche
ein altes Zeiss-Fernglas zu erwerben, weil ich bei meinen
bisherigen Beobachtungen das Gefühl hatte, es dürfte gerne noch
viel mehr Gesichtsfeld sein. Und ein Fernglas stört auch nicht im
Handgepäck....
Eigentlich bräuchte ich 4 Instrumente:
Ein gutes Fernglas mit Schrägeinblick für die ganz großen
Blickwinkel.
Einen apochromatischen Refraktor 80mm auf Fotostativ für Reisen,
der gleichzeitig Qualität genug hat, um auch als Tele für die SLR
zu taugen.
Den 120/600 für den schnellen Blick von Hof, Balkon und fürs Auto
- einfach mal dabei haben, z.B. auf einer Grillparty, beim
Skifahren in den Bergen mal abends einfach aufstellen - -
iwie will der mir nicht aus dem Kopf gehen !
Einen 10"-Dobson für geplante Beobachtungs-Sessions mit extra
Anfahrt von dunklen Standorten und dem Willen zu Zeit und Aufwand.
Na ja, geht halt nicht.
http://www.teleskop-spezialisten.de/shop/Refraktor/100-115mm/BKR1025AZ3-Skywatcher-Startravel-102-AZ3-102-500mm-Grossfeld-Re::215.html